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Aggertal-Radtour von Meinerzhagen nach Siegburg

Einem selbstverliebten Rheinländer gerät leicht in Vergessenheit, welch schöne Flecken Erde die eigene Heimat so umgeben. Und man muss zu deren Entdeckung noch nicht mal weit reisen. Nachdem sich auch bei den PAPIs die Radtouren durch die autofreien Strecken des Ahrtals und des Siegtals sowie die bereits zweimal durchgeführte Tour durch die Wahner Heide als fester Bestandteil der PAPI-Ausflüge etabliert hatten, wagte Michael eine neue Tour anzubieten: eine Radtour durchs beschauliche Aggertal. Immerhin ist jedem Einheimischen dieser knapp 70 km lange Nebenfluss der Sieg bekannt, in die er zwischen Troisdorf und Siegburg mündet.

Ein Wochenendhaus in einem ländlichen Ortsteil von Gummersbach unweit der Aggertalsperre im Oberbergischen Land sollte Startpunkt der rund 70 km langen Tour werden. Für die Anreise am Vorabend luden die fünf Papis Frank, HC, Michael, Mika und Sandro ihre Zweiräder in die S19 bis Köln-Frankfurter Straße. Von dort ging es weiter mit der RB25 bis Endstation Meinerzhagen. Dank eines kundigen Papis hier ein hilfreicher Tipp für weitere radfahrende Gruppen: für Fahrten im Verbundgebiet des VRS reicht ein Tagesticket der Preisstufe 2a, dass bis zu 5 Personen ihre Drahtesel einen Tag lang mitfahren lassen können. Entsprechende Tickets der DB wären deutlich teurer gewesen.

Für die Strecke von Meinerzhagen bis zum Wochenendhaus mussten zwei etwas längere Anstiege bezwungen werden, die Mühen wurden aber von herrlichen Landschaftsbildern bei Sonnenuntergang sowie mit einer temporeiche Schussfahrt ins Tal belohnt. Am Wochenendhaus angekommen erwartete uns Gegrilltes, gekühltes Veltins und schließlich ein sternenklarer Nachthimmel. Bei Kerzenschein kam schon ein wenig Summer-Feeling auf.

Gut gestärkt nach einem reichhaltigen Frühstück starteten die fünf Radler ihre Tour am nächsten Vormittag. Die ersten Kilometer führten uns mit Tempo hinab zur Aggertalsperre, einem beliebten Ausflugziel nicht nur unter Kanu-Freunden. Bewaldete, steil ansteigende Hänge, zwischen denen sich die junge Agger hindurchschlängelt prägen die ersten Stromkilometer hinter der Staumauer. Bald erreichten wir die B55, welche uns nahe der Agger bis Overath führen sollte, zumeist auf asphaltierten Untergrund und hierbei abschnittweise sogar auf ehemaligen Gleistrassen der Bahn.

Wie Perlen einer Kette reiht sich ab hier eine Kleinstadt an die nächste. Es finden sich zahlreiche Zeugen einer längst vergangenen, industriellen Zeit: stillgelegte Kleinindustriebetriebe, deren unübersehbare Backsteingebäude brachliegen, unweit davon die meist herrschaftlich wirkenden Villen der Unternehmerfamilien. Daneben die vielen Einfamilienhäuser in typisch (ober-)bergischen Bauweisen: Erdgeschoss in Bruchsteinmauerwerk, die Geschosse darüber in restaurierter Fachwerkbauweise, Sprossenfenster mit grünen Fensterläden. Alternativ dazu entdeckten wir häufig komplett verschieferte Häuserfassaden. Wenn die B55 mit ihrem Durchgangsverkehr nicht wäre, man fühlte sich glatt um einige Jahrzehnte zurückversetzt.

Einen interessanten Einblick in die Industriegeschichte des Aggertals kann man übrigens im ganzjährig geöffneten Industriemuseum des LVR in Engelskirchen erleben. In den restaurierten Industriehallen des ehemaligen Kraftwerks Ermen & Engels sind eine Dauerausstellung sowie wechselnde Sonderausstellungen zu sehen.

Hinter Engelskirchen – und nach einem ersten kurzer Stopp zur Verpflegung – weitet sich das Aggertal merklich auf, die rechts und links der Bundesstraße angesiedelten Gewerbegebiete sind deutlich jüngeren Datums und strahlen längst nicht den optischen Charme der historischen Altindustrien aus. In Overath wurde ein weiterer kurzer Stopp eingelegt. Die Eisdiele Cortina verwöhnte uns mit hausgemachtem Eis zu annehmbaren Preisen. Direkt an der Durchgangsstraße gelegen und unweit des Bahnhofs, darf man auf die Feiern zum 50-jährigen Jubiläum im kommenden Jahr gespannt sein.

In Overath zweigt die B484 ab und folgt nebst Radweg dem weiteren Lauf der Agger, vorbei an weiteren Industriebrachen. Nahe Wahlscheid gab es ein ingenieurtechnisches Highlight zu bestaunen: eine S-förmige Pylonbrücke über die Agger. Vorbei an einem von unzähligen, rege genutzten Aggerstrandplätzen stießen wir nahe des Campingplatzes Jansen auf einen Knotenpunkt des RadRegionRheinland. Dieses gut beschilderte Radwege-Netz leitete uns schließlich abseits der Bundesstraße durchs breite Aggertal, zunächst ins Sülzbachtal und von dort aus über angenehm schattige Waldpisten entlang der Agger bis zu Ihrer Mündung bei Troisdorf – ein wirklich schöner Abschluss einer von sonnigem Wetter begleiteten Tour.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass selbst ein kleiner, überregional eher unbekannter Nebenfluss zu erstaunlich vielseitigen Eindrücken beitragen kann. Diese Tour, so war sich die Equipe am Ende einig, war wohl keine Eintagsfliege und dürfte im kommenden Jahr gern wiederholt werden.

Aggertal-Radtour: 26.-27.05.2017
Text: Michael F.
Fotos: Frank R., HC A., Michael F., Mika M., Sandro S.